PATRICK HORVATH
KONZEPT EINER DISSERTATION
BEREICH: Publizistik- und
Kommunikationswissenschaft, insbes. Public Relations
BETREUER: Herr Prof. Roland Burkart
Universität Wien,
Wintersemester 2004 / 5
U.S.
PUBLIC DIPLOMACY
SEIT DEM 11.SEPTEMBER 2001
(= Arbeitstitel)
Alternative: Public
Diplomacy in Theorie und Praxis. Fallbeispiel: USA seit 9/11
1.)
Erkenntnisgegenstand
1.1. Erkenntnisobjekt
Der
Ausdruck "Public Diplomacy" wurde erstmals im Jahre 1965 von Dean
Edmund Gullion verwendet; als U.S.-amerikanischer Forscher wirkte er an der
Fletcher School of Law and Diplomacy. Seine institutionelle Verankerung fand es
eben dort mit der Gründung des "Edward Murrow Centers for Public
Diplomacy" zu eben jener Zeit. Von diesem Zentrum stammt eine der ersten
Definitionen:
"Public diplomacy...deals with the
influence of public attitudes on the formation and execution of foreign
policies. It encompasses dimensions of international relations beyond
traditional diplomacy; the cultivation by governments of public opinion in
other countries; the interaction of private groups and interests in one country
with those of another; the reporting of foreign affairs and its impact on
policy; communication between those whose job is communication, as betwen
diplomats and foreign correspondents; and the process of inter-cultural
communications."
Nach
Ernst Sucharipa (Direktor der Diplomatischen Akademie Wien) ist der Bereich der
Diplomatie einem immer stärkeren Wandel unterworfen, der sich in Zukunft wohl
fortsetzen wird. Moderne Diplomatie unterscheidet sich von traditioneller
Diplomatie durch immer unterschiedlichere Rahmenbedingungen. In früheren Zeiten
war Diplomatie hauptsächlich eine Interaktion zwischen Regierungen, die in der
Regel unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand (Geheimdiplomatie,
Geheimverträge etc). In der heutigen, von Globalisierung geprägten Zeit, ist
dies völlig anders: Längst haben die Regierungen (Staaten) das Monopol in der
Außenpolitik verloren. Es gibt eine Vielzahl von anderen Akteuren, die von
internationalen Organisationen, transnational agierenden Konzernen, NGOs wie
Greenpeace oder Amnesty International bis hin zu aktiven Einzelpersonen reicht.
Diese Akteure haben oft großen Einfluss auf relevante Ergebnisse moderner
Diplomatie, was sich an konkreten Einzelbeispielen belegen lässt (Konvention
gegen Landminen, Gründung eines Internationalen Strafgerichthofes etc). Durch
den europäischen Integrationsprozess schwindet die Grenze zwischen Außen- und
Innenpolitik zusehends; auch demokratische Kontrolle durch Parlamente und
Mediatisierung machen vor der Außenpolitik nicht halt. Der Diplomat wird immer
mehr zur Person der Öffentlichkeit; längst sind neben ausländischen Regierungen
auch Journalisten zu Gesprächspartnern geworden. In der Diplomatie hat sich
auch entsprechend längst die Erkenntnis verbreitet, dass die Medien keine
Feinde sind, sondern im Gegenteil ein sinnvoller Umgang mit ihnen wesentlich
zur Verbesserung des Images des eigenen Landes beitragen kann und damit
günstigere Rahmenbedingungen für nationale Interessensdurchsetzung entstehen.
Aber auch Kommunikation mit anderen Teilöffentlichkeiten im Empfangsstaat sind
essentiell geworden. Der moderne Diplomat wird immer mehr zum P.R.-Manager
seiner Regierung. Auch der tägliche Umgang mit dem Internet prägt Außenpolitik
immer stärker.
Im
Zusammenhang mit Public Diplomacy-Theorie auf jeden Fall erwähnenswert sind die
Bücher von Joseph Nye, der Public Diplomacy als eine Form von "soft
power" definiert, die heute für einen Staat immer wichtiger wird. Seine
Werke können als wichtiger Bezugspunkt für die Dissertation dienen. Forscher im
deutschsprachigen Raum haben sich bereits um eine theoretische Grundlegung des
Public Diplomacy-Bereiches und eine Verbindung zur
publizistikwissenschaftlichen P.R.-Forschung bemüht (z.B. Kunczik, Signitzer).
1.2. Erkenntnisleitendes
Interesse
In
den USA, aber auch anderen Staaten wird Public Diplomacy schon seit langem
praktiziert. Die Außenpolitik Wilsons orientierte sich bereits an einem modernen
Verständnis, aber auch die P.R.-Arbeit der United States Information Agency hat
im Kalten Krieg eine Rolle gespielt: Ihr Radiosender "Voice of
America" übertrug Armstrongs erste Worte nach der Mondlandung.
Aber
erst in jüngster Zeit gewinnt die Auseinandersetzungen mit Public Diplomacy
eine neuartige Bedeutung, worauf in zahlreichen Publikationen hingewiesen wird.
Diese liegt seit dem 11.September 2001 in der Anwendung der Public Diplomacy
als mögliches Mittel im Rahmen des "Kriegs gegen den Terror". Es
beginnt sich die Erkenntnis durchzusetzen, dass militärische Maßnahmen allein
in der Auseinandersetzung mit dem internationalen Terrorismus zu kurz greifen,
vielleicht sogar kontraproduktiv sind. Es geht darum, das Image des Westens
weltweit zu verbessern und Terroristen so Sympathien zu entziehen; es geht um
die Gewinnung eines "war of ideas". In diesem Sinne argumentiert z.B.
Christopher Ross, der als special coordinator for public diplomacy im State
Departement fungiert. Auch John Kerry hat die Erhöhung des Budgets für Public
Diplomacy zu einem Wahlkampfthema gemacht. Auch wenn sich der demokratische
Kandidat gegen den Amtsinhaber nicht durchgesetzt hat, bleibt Public Diplomacy
wichtig; auch die Nationale Sicherheitsstraegie erwähnt sie als Instrument zur
Gewinnung des "war of ideas" gegen Amerikas Feinde.
Die
österreichische P.R.-Forschung soll sich diesem höchst aktuellen und wichtigen
Thema nicht entziehen. Die Systematisierung der Public Diplomacy-Theorien ist
im Lichte aktueller Entwicklungen ebenso wichtig wie die Erforschung der
neuesten Entwicklungen seit dem einschneidenden Ereignissen um den
11.September. Die praktische Anwendungsmöglichkeit der Public Diplomacy in
Gebieten wie Diplomatie, Sicherheitspolitik und (staatlicher sowie NGO-orientierter)
Öffentlichkeitsarbeit begründen hinreichend, warum eine wissenschaftliche
Auseinandersetzung mit dem Thema lohnend sein kann.
2.)
Problemstellung
2.1. Wissensdefizit /
Problemhintergrund
Obwohl
Forschung im Bereich Public Diplomacy, wie oben ausgeführt, wichtig,
praxisbezogen und im höchsten Maße aktuell wäre, fehlt es an Beschäftigung mit
dem Thema.
Am
Beispiel akademischer d.h. universitärer Abschlussarbeiten in Österreich kann
dies skizziert werden: In Wien wird auf dem Gebiet Public Diplomacy praktisch
nicht geforscht, obwohl die Bundeshauptstadt als Zentrum der internationalen
Diplomatie ein hervorragendes Umfeld bieten würde, weswegen auch die
Diplomatische Akademie Anfang 2004 mit einem Sammelband zum Thema an die
Öffentlichkeit getreten ist.
An
der Universität Salzburg hingegen hat sich in den letzten Jahren einiges getan:
Prof.Benno Signitzer, der bereits Anfang der 90er mit Versuchen der Verbindung
von P.R.-Theorie und Public Diplomacy an die Öffentlichkeit getreten ist, plant
demnächst eine größere Veröffentlichung zum Thema. Zahlreiche Studenten der
Universität Salzburg schlossen mit interessanten Arbeiten zur Public Diplomacy
ab. Besonders erwähnenswert sind die zwar schon älteren, aber sehr gründlich
recherchierten und umfassenden Dissertationen von Frau Hartmann sowie Frau
Pitterle, aber auch neuere Arbeiten z.B. von Frauscher, Zurucker etc., die um
Public Diplomacy Themen kreisen. Eine Aufarbeitung der aktuellen Entwicklungen
seit dem 11.September, die Public Diplomacy wieder ins Zentrum der
Aufmerksamkeit rücken lassen, findet man aber auch an der Universität Salzburg
nicht.
International
sehr gut aufgearbeitet ist die Geschichte der U.S. Public Diplomacy von den
Anfängen bis zum Kalten Krieg. Hier konnten wissenschaftliche Publikationen aus
Deutschland sowie den USA gefunden werden, die eine Anknüpfung ermöglichen.
Das
Internet bietet eine reichhaltige Fülle verschiedener Auseinandersetzungen.
Besonders erwähnenswert ist eine aktuelle Studie Studie zur Public Diplomacy
nach dem 11.September 2001 einer vom Council on Foreign Relations ins Leben
gerufenen Task Force unter dem Vorsitz des früheren U.S.-amerikanischen
Wirtschaftsministers Peter Peterson. Von der Alumni Association der USIA
(United States Information Agancy) zugänglich gemacht werden neben allgemeinen
Informationen zur Public Diplomacy (Definitionen, Statements, Aufsätze) auch
aktuelle empirische Daten, das U.S.-Image in verschiedenen Weltregionen und
Ländern betreffend. Empirische Daten wurden auch durch eine aktuelle Studie der
RAND-Corporation, eines U.S.-amerikanischen Think Tanks, zur U.S. Public
Diplomacy erschlossen.
Die
Public Diplomacy ist in den USA stark institutionalisiert und
professionalisiert. So ist ein Under Secretary of State exklusiv für diesen
Bereich zuständig.
3.)
Forschungsleitende Fragestellung
Die
geplante Dissertation verfolgt im Prinzip zwei Ziele:
·
Sammlung und
Systematisierung bisher verfügbarer Theorien
bzw. theoretischer Konzepte zur Public Diplomacy. Wichtig ist dabei natürlich
die kommunikationswissenschaftliche Perspektive (insbesonders P.R-Forschung).
Aufgrund der Natur des Themas ist aber auch die Berücksichtigung einer
interdisziplinären Perspektive notwendig (v.a. die Internationale Politik als
Teilfach der Politikwissenschaft spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige
Rolle).
Neben
diesem oben genannten "bescheidenen Minimalziel" wird die ENTWICKLUNG EINER EIGENEN THEORIE
zur Public Diplomacy auf Basis einer solchen Zusammenstellung als
"ehrgeiziges Maximalziel" zumindest angestrebt. Die tatsächliche
Erreichung dieses angestrebten Zieles kann aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt
noch nicht garantiert werden. Soweit absehbar, eignen sich folgende bereits
vorhandene Konzepte als Ausgangspunkte einer solchen Entwicklung:
a. Signitzer und Coombs
stellten bereits Anfang der 90er ein kombiniertes Modell von Public Realtions
und Public Diplomacy vor.
b. Die Arbeiten Joseph
Nyes zur "soft power", welche Macht eher als geglückte
Kommunikation definieren und diese Erkenntnisse auf die gegenwärtige
U.S.-amerikanische Außenpolitik zu übertragen versuchen.
c. Es ist zu prüfen, ob
Konzepte des Kommunikationsphilosophen Jürgen Habermas auf Public Diplomacy
sinnvoll anwendbar sind. Sein Buch "Der gespaltene Westen" ist in
jedem Fall genauso eine sinnvolle Referenz wie sein Projekt einer
"Diskursethik", die im Rahmen der "verständigungsorientieren
Öffentlichkeitsarbeit" bereits im P.R.-Bereich Anwendung fand.
·
Die
empirische Aufarbeitung eines konkreten
und aktuellen Fallbeispieles, nämlich jenes der U.S. Public Diplomacy seit
dem 11.September 2001 - es erfolgt also eine Auseinandersetzung mit genau jener
Entwicklung, welche die allgemeine Aufmerksamkeit für Public Diplomacy wieder
zu wecken beginnt.
Idealerweise
sollte die Aufarbeitung des Fallbeispieles eine Art "Ideenlieferant"
zur kommunikationstheoretischen Dimension der Dissertation darstellen.
4.)
Geplante Forschungsstrategie
4.1. Inhaltliche
Strukturierung
Soweit
gegenwärtig absehbar soll die Dissertation (ihrem oben skizziertem Anliegen
entsprechend) aus zwei Teilen bestehen, nämlich einen THEORIETEIL, in dem die
zu Public Diplomacy vorhandenen Theorien zusammengestellt und systematisiert
werden sowie einem PRAKTISCH-EMPIRISCHEN TEIL, der sich mit der Public
Diplomacy der USA seit dem 11.September 2001 auseinandersetzt, insbesonders im
Zusammenhang mit dem sogenannten "Krieg gegen den Terror". Aus
praktischen Gründen der Recherche, die hauptsächlich in Wien geführt werden
muss, wird ein besonderes Augenmerk auf entsprechende Aktivitäten in Österreich
gelegt - dies ist aber akademisch durchaus sinnvoll, da Wien eine besondere
Bedeutung als Zentrum der Diplomatie zukommt (Hauptstadt der OSZE und UNO sowie
eines - allerdings relativ kleinen - EU-Mitgliedsstaates).
Zu
Beginn des praktisch-empirischen Teiles muss auch eine historische Aufarbeitung
von U.S. Public Diplomacy stehen - hier können bereits auf zahlreiche
Vorarbeiten zurückgegriffen werden. Der eigentliche Erkenntnisfortschritt ist
aber der Versuch einer (kritischen) Bestandsaufnahme der Gegenwart - hier ist
eigenständiges empirisches Forschen gefragt.
Erste
Idee der Kapiteleinteilung:
Kapitel I
Ausgangsproblem:
USA und Europa - Kontinentaldrift?
Kapitel II
Theoretischer
Hintergrund I: Joseph Nye - Kommunikation als "soft power"
Kapitel III
Theoretischer
Hintergrund II: Public Diplomacy
IIIa:
Geschichte
IIIb:
Bisherige Versuche der konzeptionellen Erfassung
IIIc:
Methoden
Kapitel IV
Fallbeispiel:
U.S. Public Diplomacy seit dem 11.September 2001
Kapitel V
Conclusio ??? Ein neues Modell ???
4.2. Vorschau auf die
Methode
Die
geplante Methode ist primär das (geleitete) Expertengespräch. Zum gegenwärtigen
Zeitpunkt ist bereits eine Kontaktaufnahme mit dem Public Affairs Departement
der U.S.-amerikanischen Botschaft in Wien (Boltzmanngasse) erfolgt. Auch fanden
bereits mehrere ergiebige Treffen mit Peter Schroeder (dem Assistenten des für
Public Diplomacy zuständigen Botschaftsrates) statt, der Hilfe bei besagtem
Forschungsvorhaben zugesagt hat. Weitere Gespräche sind geplant. Neben einer
auf diese Art erfolgten Bestandsaufnahme erfolgt auch eine Analyse
einschlägiger Literatur und Quellen. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen als
Ausgangspunkt der (kommunikationstheoretischen) Entwicklung eines eigenen
Ansatzes dienen.
4.3. Interdisziplinarität
Die
sinnvolle Bearbeitung des Themas verlangt die Zuhilfenahme von
Forschungsergebnissen aus anderen Disziplinen. Dabei ist v.a. das
politikwissenschaftliche Teilgebiet "Internationale Politik" zu
nennen. Zahlreiche (notwendige) Exkurse in dieses Fachgebiet machen die
angestrebte Dissertation zu einer interdisziplinären Arbeit zwischen Public
Relations und Internationaler Politik. Es wird daher (im Rahmen der
gesetzlichen Möglichkeiten) angestrebt, den Zweitbegutachter aus letzterem Feld
zu bestellen.
4.4. Literatur und Quellen
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Public Relations-Dimension der österreichischen Auslandskulturpolitik.
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Kristina PLAVSAK,
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Einige Websites
http://www.state.gov/r/
U.S. Departement of State, Under Secretary for
Public Diplomacy and Public Affairs
http://www.usembassy.de/duesseldorf/publicdiplomacyspeech.htm
U.S. Consulate General Düsseldorf, Remarks by
U.S. Consul General Daniel Harris on "The Role of Public Diplomacy in the
Transatlantic Relationship"
http://www.publicdiplomacy.org
Public Diplomacy Website, sponsored by the
United States Information Agency Alumni Association and the Public Diplomacy
Council